Zusammenfassung

Betroffen erstickt mein Lachen im beißenden Rauch der brennenden Aufgaben, die Christoph Siebert so treffend zu einem Bild zusammen fügte.

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Das mediale Ende der Rezession

Christoph Sieber steht auf der Bühne. Die Kameras des zweiten deutschen Fernsehens sind auf ihn gerichtet. Das Publikum im Studio erwartet gespannt einen satirischen Kommentar zur Lage der Nation, der als Aushängeschild für „freie Meinungsäußerung“ geeignet ist.

Satire, das ist z.B. die ironisch-aggressive Form eines komischen Vortrages. Meyers Lexikon meint: „Das Ziel der Satire ist Einsicht in die Lächerlichkeit, Kritikwürdigkeit oder gar Gefährlichkeit der geschilderten Sachverhalte“.

Hören Sie das auch, – diese Stille, diese Ruhe im Land?
Morgens schlägst Du die Zeitung auf und es fällt Dir die Kinnlade runter: Giftgas-Angriff in Syrien, halb Europa enteignet, in Armut geschickt, und 50% Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen, ja, NSU-Skandal und NSA-Affäre und bei uns … Ruhe, – Nichts. Und mitten in diese Stille platzt die Nachricht, „die Rezession in Europa ist beendet“.
 
Das hat Mutti aber sauber hingekriegt, oder! So kurz vor der Bundestagswahl. Hat sie mal durchgegriffen bei den Südeuropäern, hat denen mal richtig in den Arsch getreten. So, ehrlich mal, es war doch bisher so: Griechen, Spanier, Portugiesen lagen doch in der europäischen Hängematte und haben sich dem Untergang entgegen gefaulenzt und der Deutsche steht mit 85 noch auf der Baustelle, mit 85 und drei Beipässen und planiert mit dem Rollator die Auffahrt zur Vollbeschäftigung.
 
Da darf man auch nicht beunruhigt sein wegen der Ruhe. Das ist doch nur Ausdruck der Zufriedenheit. Und diese Zufriedenheit darf man sich auch nicht durcheinander bringen lassen durch sowas wie diese – ehm – Realität. Morgens um elf mit fettigen Haaren an der Tankstelle stehen, das ist doch keine Schande mehr. Das ist doch gutes deutsches Stadtbild. Das ist doch Folklore. Das hat schon Tradition. Warum auch nicht mal Nachts auf dem Abluftschacht von Karstadt übernachten. Das macht den anderen Hoffnung, wenn sie Morgens vorbei laufen und sehen, „guck mal an, dem geht’s noch schlechter“. Da lass‘ ich mich doch locker für sechs Euro fünfzig pro Stunde im Frisörhandwerk ausbeuten. Und dann immer diese Nörgeler, die sagen, „man sieht immer mehr ältere Menschen in den Innenstädten, die in den Mülleimern wühlen“. Da sag ich, das ist doch ein gutes Zeichen für den sozialen Ausgleich. Es stimmt noch alles, wenn die Jugend so viel säuft, dass die Alten von dem Flaschenpfand noch leben können.
 
Da darf man sich auch die Zufriedenheit nicht nehmen lassen durch Fragen, die ich immer wieder aufkommen seh‘, so unwirkliche Fragen wie: warum können die Menschen in diesem Land, obwohl es uns so gut geht, von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben? Warum stehen tagtäglich zehntausende bei der Tafel an, um unsere Reste zu essen? Und ist vielleicht Armut inzwischen gewollt, weil sie den mündigen Bürger zum Bittsteller macht, der leichter regierbar und manipulierbar ist?
 
Man darf sich das Ganze auch nicht durcheinander bringen lassen durch so ’ne Bundestagswahl. Seien wir doch mal ehrlich. Diese Bundestagswahl ist doch eh nur noch ein Relikt aus der demokratischen Vergangenheit, wo die Volksvertreter noch Vertreter des Volkes waren und nicht der verlängerte Arm der Wirtschaft. (Applaus)
 
Und lasst uns auch die Zufriedenheit nicht nehmen wenn wir millionenfach ausgespäht werden! Wenn wir überwacht werden, müssen wir dankbar sein, dass sich noch jemand für uns interessiert. Und wenn es auch nur die Geheimdienste sind. Und wenn sich ein Ronald Pofalla hinstellt und das Ende der Diskussion einleutet, dann sag ich, seit wann bestimmt der Wurm, ob geangelt werden darf.
 
Die Demokratie wird verteidigt mit den Mitteln der Diktatur. Das ist die Wahrheit. Und die Wahrheit ist im NSA-Skandal auch noch raus gekommen. Man hat selten eine Bundesregierung erlebt, die gerade in diesem Zusammenhang mit solch einer Vehemenz darauf gepocht hat, dass sie von Nichts eine Ahnung hat. Man hat keine Erwartung mehr an diese Bundesregierung und selbst das können sie nicht erfüllen.

Betroffen erstickt mein Lachen im beißenden Rauch der brennenden Aufgaben, die Christoph Sieber so treffend zu einem Bild zusammen fügte. Ich nehme das Bild mit für das Bilderalbum der bürgerlichen Ohnmacht unserer Tage.

Sind wir tatsächlich noch das Volk oder sind wir nur noch Volk und ungeliebt wie’s Schlachtvieh?

Wenn unsere Kinder und Kindeskinder uns irgendwann fragen werden, dann werden wir nicht sagen können, wir hätten von nichts gewusst!

Deshalb: Geht zu Wahl!
Auch wir haben die Verantwortung. – Geht zur Wahl und wählt anders!

Wählt anders! Wählt anders, denn wer „Mutti“ wählt, der wählt auch von der Leyen, Altmaier und Seehofer. Wer „Vati“ wählt, der wählt auch „Mutti“, Steinmeier und Gabriel.

Denkt an Eure Kinder und wählt anders!

 

Der Vortrag von Christoph Sieber kann gesehen/gehört werden auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=MiDCPtZm2P0
 

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